Die Stadt Hamburg soll den ehemaligen und zukünftigen Standort der Bornplatzsynagoge zurück in den Besitz der Jüdischen Gemeinde geben. Zwei Flurstücke auf und um den heutigen Joseph-Carlebach-Platz im Grindelviertel werden dazu an die Gemeinde übereignet. Dies sieht ein gemeinsamer Antrag der vier demokratischen Fraktionen von SPD, Grünen, CDU und Linken vor, über den die Hamburgische Bürgerschaft in ihrer heutigen Sitzung abstimmt (siehe Anlage). Vorausgegangen waren intensive Gespräche mit der Jüdischen Gemeinde und der Stiftung Bornplatzsynagoge. Der Beschluss legt einen wichtigen Grundstein für die Wiedererrichtung der Synagoge auf dem heutigen Joseph-Carlebach-Platz – fast ein Jahrhundert nach ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten in der Reichspogromnacht 1938.
Dazu Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Fraktion Hamburg: „Jüdisches Leben gehört in die Mitte unserer Gesellschaft – deshalb setzen wir uns seit vielen Jahren für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge ein. Diese wird ein starkes und sichtbares Zeichen gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben in Hamburg sein. Die Grundstücksübereignung an die Jüdische Gemeinde ist ein wichtiger Meilenstein für die neue Synagoge. Es erfüllt mich auch persönlich mit großer Freude, dass wir diesen wichtigen Schritt jetzt gemeinsam gehen. Als CDU-Fraktion unterstützen wir die Jüdische Gemeinde aus voller Überzeugung bei ihren weiteren Planungen für dieses große Herzensprojekt.“
Dazu Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Fraktion Hamburg: „Die neu errichtete Bornplatzsynagoge wird ein Wahrzeichen des jüdischen Lebens im Herzen unserer Stadt. Mit dem Bau entsteht ein offener Ort für Gebete, Feste und Begegnungen mitten in Hamburg. Vor mehr als 100 Jahren war die Errichtung der Bornplatzsynagoge ein Zeichen der Gleichberechtigung des jüdischen Glaubens in Hamburg. Ihre Schändung in der Reichspogromnacht 1938 und der perfide Zwang, dass die jüdische Gemeinde die Synagoge im Anschluss selbst abreißen musste, war ein widerwärtiger Angriff der Nationalsozialisten auf die Verankerung des Judentums in unserer Stadtgesellschaft. Die Jüdische Gemeinde musste das Grundstück schließlich unter Zwang für einen vergleichsweise geringen Betrag an die Stadt veräußern. Dieses Unrecht wurde auch nach dem Ende der Nazi-Diktatur nicht korrigiert. Das ist bis heute äußerst beschämend. Heute, fast ein Jahrhundert später, werden wir als Hamburgische Bürgerschaft mit einem eindrucksvollen Beschluss den Senat beauftragen, die längst überfällige Rückgabe des Grundstücks an die Jüdische Gemeinde einzuleiten. Dieser Beschluss, in einer Täterstadt des Nationalsozialismus, ist im Jahre 2023 ein gemeinsames starkes Zeichen aller Demokrat:innen Hamburgs in die Welt: Das jüdische Leben und die jüdische Gemeinschaft gehören fest zu Hamburg und zu Deutschland! Dieses gemeinsame Vorhaben von Bürgerschaft, Senat und Jüdischer Gemeinde ist ein bedeutendes Zeichen für unsere weltoffene Stadt und gegen Antisemitismus, Hass und Ausgrenzung. Dafür danke ich allen Beteiligten.“
Dazu Jennifer Jasberg, Vorsitzende der Grünen Fraktion Hamburg: „Judentum und jüdisches Leben gehörten einst erkennbar und selbstverständlich zum Leben in Hamburg. Die Bornplatzsynagoge symbolisierte die gleichberechtigte Stellung der jüdischen Menschen in unserer Stadt. Später wurde die jüdische Gemeinde vom nationalsozialistischen Unrechtsstaat dazu gezwungen, die Synagoge abzureißen und zu einem schändlich geringen Preis zu veräußern. Infolge dieses Unrechts befand sich das Grundstück seitdem im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg. Deshalb handelt es sich bei der heutigen Rückübertragung der Grundstücke auch keineswegs um eine Unterstützung oder Schenkung der Stadt. Die jüdische Gemeinde erhält vielmehr zurück, was ihr rechtmäßig gehört. Der geplante Neubau der Bornplatzsynagoge ist ein wichtiger Schritt in der Aufarbeitung der Stadt Hamburg mit der eigenen Vergangenheit im Nationalsozialismus. 85 Jahre nach dem Brand der alten Synagoge setzen sich alle demokratischen Fraktionen in der Hamburgischen Bürgerschaft für den Neubau ein. In Zeiten, in denen sich Antisemitismus, Ausgrenzung und totalitäres Denken vielerorts wieder ausbreiten, ist das mehr als ein symbolischer Akt. Heute wird das Fundament dafür gelegt, dass das jüdisches Leben inmitten der Stadt seinen rechtmäßigen Platz zurückerhält.“
Dazu Cansu Özdemir, Vorsitzende der Linksfraktion Hamburg: „Mit dem heutigen Beschluss der demokratischen Parteien, gehen wir gemeinsam einen bedeutsamen Schritt für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge. Jüdisches Leben soll und wird in Hamburg sichtbarer werden. Dazu gehört selbstverständlich eine Synagoge mit anschließenden Räumen, die vielfältiges religiöses Leben und auch Begegnungen im Grindel ermöglichen. Der heutige Beschluss entschädigt nicht die Gräueltaten des Nationalsozialismus. Es ist aber ein wichtiges Signal, dass Politik und Zivilgesellschaft den Bau einhellig unterstützen und gemeinsame Schritte für den Bau der Synagoge unternehmen.“
Dazu Philipp Strichartz, Erster Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Hamburg: „83 Jahre haben wir auf Gerechtigkeit und Sichtbarkeit der jüdischen Präsenz am Hamburger Bornplatz gewartet. Mit dem heutigen Tag stellen die Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft ein konkretes Stück Gerechtigkeit wieder her. Die Nazis wollten alles jüdische Leben unsichtbar machen. Der heutige Tag zeigt, dass Unrecht nicht siegt und das jüdische Hamburg eine Zukunft hat.“
Dazu Daniel Sheffer, Vorsitzender des Stiftungsrats Bornplatzsynagoge: „Der heutige Tag wird für alle Jüdinnen und Juden Hamburgs zu einem ‚Wendetag‘. Es ist der Sieg der Gerechtigkeit und des jüdischen Lebens in Hamburg über die Barbarei der Nazis. Mit dem 27. September 2023 sind wir nicht mehr die Wenigen, die den Raub als falsch empfinden, sondern ganz Hamburg bekennt sich zum Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge.“