Zur heute vorgestellten Nationalen Hafenstrategie der Bundesregierung erklärt Prof. Dr. Götz Wiese, hafenpolitischer Sprecher der Hamburger CDU-Fraktion: „Der wahre Gewinner der heutigen deutschen Hafenstrategie sind die Niederlande, Belgien, die Ostseeanrainer und der Mittelmeerraum. Denn dort tut sich was. In Deutschland dagegen: Mehr Schein als Sein. Die Ampel beauftragt eine namhafte PR-Agentur, es wird ein schickes Logo entworfen, aber hinter der Hochglanzfassade wartet erschreckend viel Vages. Nach Jahren der Arbeit an einer Nationalen Hafenstrategie kommt nicht viel mehr heraus als eine zahnlose Absichtserklärung.
Kernfragen der künftigen Ausrichtung der deutschen Seehäfen sind nach wie vor ungeklärt, sodass auch der Hamburger Hafen keine Grundlage hat, auf der er sich neu oder anders positionieren kann. Auch für eine tragfähige Kooperation der Häfen in der Deutschen Bucht fehlt eine Perspektive. Stattdessen wird hier nur ein ‚Bund-Länder-Stab für Hafenthemen‘ eingerichtet.
Der Bund drückt sich zudem um klare Finanzierungszusagen. Der Bundeskanzler hatte noch im September 2023 auf der Nationalen Maritimen Konferenz in Bremen erklärt, ,mehr Investitionen in die Zukunft unserer Häfenʻ seien eine zwingende Bedingung, damit die Nationale Hafenstrategie Erfolg haben könne. Doch heute wird die maritime Gretchenfrage – wie hält es der Bund mit der finanziellen Ausstattung der Häfen? – in einen weiteren Arbeitskreis verschoben: Ein Konzept zur Finanzierung von Hafeninfrastruktur soll erst noch erarbeitet werden. Warum ist das nicht längst geschehen? Die deutschen Seehäfen haben nationale Bedeutung und brauchen Zuschüsse des Bundes von mindestens 400 Millionen Euro pro Jahr. Die zahlreichen Herausforderungen der Gegenwart verlangen jetzt nach Antworten, nicht erst weitere wertvolle Jahre später.
Aktuell zeigt der MSC/HHLA-Deal, zu welch fatalen Fehlentwicklungen es vor Ort kommt, wenn Staatsverwaltungen nur noch kurzfristig und unabgestimmt agieren und wenn die Finanzierung fehlt. Wichtige Verkehrsprojekte wie der Bau der neuen Köhlbrandquerung kommen nicht voran, gleiches gilt zum Beispiel für die Autobahnen A20 und A26-Ost. Dagegen beweisen Antwerpen und Rotterdam seit Jahren, wie stark Häfen werden können, wenn sie von nationaler Ebene entschlossen unterstützt werden. Im Bund wie in Hamburg gilt dagegen: Deutsche Politik ist zu oft schlicht zu behäbig, auch in elementaren Fragen maritimer Wirtschaft.“
Dr. Christoph Ploß, hafenpolitischer Sprecher und Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestags, erklärt: „Seit zwei Jahren wartet die deutsche Wirtschaft auf die längst versprochene nationale Hafenstrategie und wird jetzt von der Ampelkoalition bitter enttäuscht. Weder ein finanziell hinterlegtes Bekenntnis des Bundes zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der Seehäfen noch ein dringend benötigtes Maßnahmenpaket für schnelleres Planen und Bauen haben es in das Papier der Ampelkoalition geschafft – allein mit schönen Worten kann man aber keine Kaimauern sanieren. Die Ampelkoalition lässt die deutschen Seehäfen im Stich. Dass nach jahrelanger Wartezeit erst einmal ein Arbeitskreis mit den Ländern gegründet werden soll, setzt der maritimen Ambitionslosigkeit der Ampelkoalition die Krone auf. Zwei Drittel des deutschen Außenhandels werden über die Seehäfen abgewickelt und rund 70 Prozent unseres Energiebedarfs werden über die deutschen Häfen gedeckt. Dieser Bedeutung der Häfen für unser ganzes Land wird dieses Papier der Ampelkoalition nicht annähernd gerecht.“